Artikelformat

Mach mich ganz! – eine gefährliche Erwartung an eine Beziehung

Im Vokabular zu Beziehungsthemen gibt es viele Worte und sprachliche Bilder, die ausdrücken, dass die beiden Partner_innen in der Beziehung ein gemeinsames Ganzes bilden (vgl. „Meine bessere Hälfte“, „Topf“ und „Deckel“).

Und genau das scheint – zumindest unbewusst – eine Erwartung in vielen Beziehungen zu sein: Mach mich ganz!

Wie ich in einem früheren Artikel geschrieben habe, glaube ich, dass viele Menschen unvollständig sind oder sich zumindest so fühlen. Eine Beziehung ist ein guter Versuch vollständig zu werden.

Ich muss nur jemanden finden, der meine Unvollständigkeit mit seiner Unvollständigkeit ergänzt – und schon bin ich ganz.

Eine Beziehung ist dabei aber auch ein Weg Unvollständigkeit zu zementieren. Wieso weiter in mir selbst ganz werden, wenn es ein gemeinsames Ganzes gibt, das (gerade) gut funktioniert?

Noch mal gefährlicher wird es, wenn sich beide Partner_innen aneinander klammern – aus Angst wieder unvollständig zu sein.
Beziehungen, die kaputt sind, werden unter Schmerzen weiter geführt, weil es noch schlimmer wäre, wieder allein und unvollständig zu sein.
Eigene, persönliche Weiterentwicklungen werden – der anderen Person zu liebe – nicht gemacht oder werden von der Partner_in „verboten“, weil diese Angst hat, dadurch nicht mehr nötig zu sein.

Statt dessen: Lass uns uns gegenseitig helfen, ganz zu werden.

2 Personen finden den Artikel gut, du auch?